1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Trump wettert - Deutschland poltert zurück

Richard A. Fuchs
30. Mai 2017

Gleich nach dem Aufstehen sorgt US-Präsident Trump erneut mit einem Krawall-Tweet für erhitzte Debatten. Er erneuert darin seine Kritik an Deutschlands Handels- und Verteidigungspolitik - und kündigt "Änderungen" an.

https://p.dw.com/p/2dqZK
G7 Treffen in Taormina Sizilien Italien Merkel, Trump
Keine guten Gespräche: Merkel und Trump beim G7-Gipfel in SizilienBild: Getty Images/AFP/P. Wojazer

Aufregung im Netz: Der Profi-Twitterer Donald Trump versetzt die internationale Presse und die deutsche Diplomatie mal wieder in Aufregung. @realDonaldTrump hat um kurz nach sieben Uhr morgens (Ortszeit in Washington) einen neuen Krawall-Tweet in Richtung Deutschland gesandt. Darin prangert er zum wiederholten Mal den "massiven Handelsüberschuss" Deutschlands gegenüber den USA an. Und er verweist, ebenfalls zum x-Mal, darauf, dass Deutschland den USA vermeintlich Geld schulde, weil zu wenig Finanzmittel an die NATO geflossen seien. Zudem habe das Land nicht genug in den nationalen Rüstungshaushalt investiert. All das sei "schlecht für die USA" - und das werde sich ändern. So liest sich dieser Seitenhieb des amtierenden US-Präsidenten gegen seinen transatlantischen Verbündeten Deutschland - ein Seitenhieb, der gehörigen Zuspruch unter Trump-Anhängern bekommt. Zum Zeitpunkt des Abrufs zählte der Tweet immerhin knapp 12.000 Retweets und über 40.000 "Gefällt mir"-Angaben.

Die Reaktionen in Deutschland ließen am Dienstag nicht lange auf sich warten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte ihre kritische Einschätzung zum Stand der Beziehungen. Nach dem konfrontativen Auftreten Trumps beim G7-Gipfel in Sizilien hatte sich Bundeskanzlerin außergewöhnlich negativ zum transatlantischen Bündnispartner geäußert. "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt", wurde Merkel bei einem Wahlkampfauftritt in München zitiert.

Der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete Trump als "Zerstörer aller westlichen Werte". Der amtierende US-Präsident habe eine Zerstörungsstrategie, die sich gegen Toleranz, Respekt und Zusammenarbeit zwischen den Völkern richte, so Schulz: "Man muss sich einem solchen Mann mit seiner Aufrüstungsideologie in den Weg stellen." SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, Trump zeige mit solchen Äußerungen, dass er Deutschland als politischen Gegner betrachte. Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, ging eine Nuance diplomatischer vor. Er erinnerte in seinem Tweet daran, dass man "nachvollziehbare Kritik am US-Präsidenten Trump" jetzt nicht mit "Antiamerikanismus vermischen" dürfe.

Sahra Wagenknecht und ihre Linksfraktion gingen dagegen zum verbalen Gegenangriff über. "Reden reicht nicht: Unterwerfung gegenüber #Trump beenden", heißt es in ihrem Reaktions-Tweet. Es gelte jetzt, Widerstand gegen die von Trump geforderte Aufrüstungsspirale in Europa zu leisten.

Vornehmer im Ton, aber ebenfalls bestimmt in der Sache antwortete Enrico Letta. Der frühere italienische Ministerpräsident, der inzwischen Präsident des Jacques Delors Instituts in Paris ist, folgerte aus Trumps Tweet: "Die Europäer müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen."

Damit trifft Letta den Ton, der seit Trumps Europareise in vielen Hauptstädten des Kontinents vorherrscht. Trumps rüde Verbalattacken gegen die EU-Spitze und die NATO haben für viel Ernüchterung gesorgt. Seine Ausfälle gegen Deutschland hatten Kopfschütteln bei vielen europäischen Politikern ausgelöst.

Eine Steilvorlage für den deutschen Satiriker Jan Böhmermann. Der hatte vor wenigen Monaten bereits mächtig Ärger mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, weil er ihn in einem satirischen Schmähgedicht verhöhnte. Jetzt meldete sich Böhmermann mit der süffisanten Bemerkung: "Ob Trump wohl 1 Antideutscher ist?"

Die Liberalen hatten kurz vor Trumps erneuter Tweet-Attacke zur Mäßigung im deutsch-amerikanischen Verhältnis aufgerufen. "Aus Irritation darf keine dauerhafte Entfremdung werden", forderte der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner.

Ob Zufall oder nicht, in die Netzdebatte um Trumps Deutschland-Tweet platzte auch die Nachricht, dass Trumps Kommunikations-Chef Mike Dubke zurückgetreten sei. Also alles nur ein Kommunikations-Desaster?

 

Ein Zusammenhang mit dem Deutschland-Tweet lässt sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht herstellen. Ein User wies zumindest darauf hin, dass am 30. Mai auch der Serienstart der fünften Staffel von „House of Cards" ist. Und er fragt weiter: "Wieviel von Donald Trump steckt in Frank Underwood?"